„Darüber diskutiere ich nicht …“
von Gunter Denk
Ich lebe seit langer Zeit in Asien. Daher bin ich es gewohnt, dass Freundlichkeit bisweilen mit fehlender Kompetenz einhergeht. Als Deutscher akzeptiere ich auch, dass Kompetenz manchmal mit Unfreundlichkeit vermittelt wird.
Nun habe ich gelernt, dass man auch Inkompetenz mit Unfreundlichkeit perfekt verbinden kann. Man erfährt dies sehr schnell, wenn man Kunde der Lufthansa ist. Allerdings arbeitet die Airline offenkundig daran, diesen Mangel durch intensive Kommunikationstrainings für seine Mitarbeiter auszugleichen.
So hielt ich kürzlich glücklich ein Upgrade in die First Class von ETIHAD, dem neuen Kooperationspartner von Lufthansa, in der Hand. Mündlich und per E-Mail wurde ich informiert, dass man nun in Frankfurts Terminal 1 statt wie bisher in Terminal 2 einchecken müsse. Ergänzt wurde dies durch die Schreckensnachricht, dass ich aus dem gleichen Grund jetzt auch die Lufthansa Senator Lounge nutzen könne (oder „müsse“!).
Dort bestätigten sich meine Befürchtungen: Eine bunt geschminkte Blondine wies mich schroff ab. Mit ETIHAD habe man nichts zu tun, ich solle mich aufmachen zum Terminal 2. Dort gehöre ich hin!
Als ich Ihr höflich in meinem Telefon die Nachricht vom Umzug und Loungebenutzung zeigen wollte, da kam er, dieser offenkundig antrainierte Zaubersatz: „Darüber diskutiere ich nicht mit Ihnen!“ ETIHAD möge sehen, wo es seine First Class Kunden unterbringe. „Aber nichts bei uns“. „Sie können sich ja bei dem Vorgesetzten dieser Dame beschweren“, pfiff mich ein zu dieser zu Hilfe kommender Lufhanseat dazu noch von der Seite an. „Der heißt Herr Peter (Name geändert). Und das bin nämlich ich!“. Ich gab auf. Zwei in Hybris geschulte Lufthanseaten gegen einen Kunden im Recht … das ist aussichtslos.
In einer LH Business Lounge versuchte ich es also erneut. Man nahm sich meiner an. Auch dort kannte man zwar die Neuregelung noch nicht, schaute aber wenigstens einmal im Computer nach und bestätigte sodann die Lounge-Zusammenarbeit. Man bot mir sogar Asyl in dieser Lounge an, weil ich den erneuten Weg zur Senator Lounge und dem dortigen Kampfpärchen nicht auf mich nehmen wollte.
Eine Woche später wurde ich erneut Zeuge der evidenten Lufthansastrategie „Inkompetenz mit Schroffheit kompensieren!“. Beim Start behielt ein Nachbarpassagier sein iPad – „wie befohlen“ im Flugmodus – in der Hand. Sofort erfolgte das Einschreiten, wenn auch noch ohne Wasserwerfer, der nach Bodo Bach „sehr korpulent“ wirkenden Stewardess. Dieses iPad müsse ins Gepäckfach. Es sei zu groß. Der Passagier erwiderte zaghaft, dass iPads im Flugmodus bei Lufthansa auch beim Start erlaubt seien. Es sei häufiger Gast und habe noch nie Beanstandungen erlebt.
Und da war er wieder, der antrainierte Satz „Darüber diskutiere ich nicht mit Ihnen! Nach oben mit dem Ding! Lesen Sie mal die Vorschriften auf Seite 74 des Bordheftes!“
Ich bin gerne auf Seiten der Sieger, sprang ihr deshalb energisch zur Seite und raunzte meinen Nachbarn genauso streng an: „Legen Sie sich gefälligst nicht mit der Dame an! Sie sehen doch, dass sie seit mindestens 25 Jahren bei Lufthansa auf der Kurzstrecke in der Economy-Class unterwegs ist. Da widerspricht man nicht!“ Die Kabinen-Wärterin begann zu beben.
Als der so Zurechtgewiesene, es nach dem Start wagte, dem Wachpersonal die berüchtigte „Seite 72“ zu zeigen, wonach iPads unter 1 kg (das iPad Pro wiegt knapp 700 g) auch bei Start zugelassen seien, kam die Antwort natürlich wieder mit dem Zaubersatz: „Darüber diskutiere ich nicht mit Ihnen. Woher soll ich das Gewicht des Dings kennen?“
Mit leicht wienerischem Zynismus flüsterte mir ein anderer Beobachter der Szene die Frage zu, ob ich denn den Unterschied zwischen einer Lufthansa-Stewardess und einem deutschen Schäferhund kenne. Er beantwortete seine Frage dann auch gleich selbst „Es ist nur der Lippenstift“. Nun ja, das war gemein.
Ich jedenfalls meide genau aus diesem Grund Lufthansa, wann immer es geht. Und darüber diskutiere ich nicht mit denen.
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