von Gunter Denk
Dieser gewerkschaftliche Kampfruf der frühen Industrialisierung prägt ganz offenkundig den Service der Flughafen AG in Frankfurt am Main.
Seit Jahren ist man es ja gewohnt, dass „Priority Gepäck“ der Businessklasse beim Abflug im Ausland beeindruckend mit Anhängern gekennzeichnet und sogar im Flugzeug direkt an der Ladetür untergebracht wird. Allein bei Ankunft in Frankfurt kommt dieser „Sondergepäck“ hingegen zumeist als Letztes am Gepäckband an. Verzweifelte Mitarbeiter der Airlines suchen per Funkgerät nach dem „Prioritätsgut“ und schwören stets Stein und Bein, dass die FAG-Mitarbeiter nach dem Motto entladen: „Warum sollen wir dieses Gepäck vorzeitig ausladen, nur weil ein paar Pfeffersäcke dafür mehr bezahlt haben.“ Ähnlich geht es bei der Sicherheitskontrolle. Auch dort gibt es „Priority Lines“ für zahlende Gäste der Businessklasse, die für diesen Zeitgewinn beim Einchecken gerade einmal 100 – 300 % mehr zahlen als ein entspannt reisender Urlauber.
Allerdings sind bei diesen „Priority Lines“ die Wartezeiten mangels personeller Besetzung durch die FAG meist länger als in der „Economy Line“. Das heißt allerdings: wenn man die Priority Line überhaupt geöffnet hat!. In Terminal C am Gate 4 starrte mich ein martialisch auftretender FAG-ler mit dem Blick eines gelernten Scientologen so durchdringend an, dass meine Begleiterin mich ängstlich fragte, was wir falsch gemacht haben oder warum man uns so bedrohlich behandelt.
Da schoss es auch schon bei ihm heraus: „Warum stehen Sie hier? Warum stellen Sie sich nicht hinter den 200 anderen Passagieren an?“ „Vielleicht weil Sie hier das Schild ‚für Business-Gäste‘ aufgehängt haben?“ gab ich ihm einen Tipp. „Aha“, rief er aus und dampfte wutschnaubend ab. Sein Sozialneid hatte Bestätigung gefunden. Zwei nette Eco-Passagiere hoben dann freundlich die Blockade der Prio-Linie auf und ließen uns durch zur Gepäckkontrolle. „Es ist unser täglicher Kampf mit diesen Leuten“, sagten mir die freundlich-verzweifelten Mitarbeiterinnen der betroffenen Oman Air. „Wir bezahlen teuer für die Vorzugsbehandlung unserer Business-Class Gäste, und die von der FAG bringen einfach den vereinbarten Service nicht“.
Warum, fragt sich der staunende Reisende zudem, setzt die FAG beim Zugang zu den Bordkarten-Scannern Menschen ein, die nicht englisch sprechen können, dafür aber wie der Hofhund Hektor und mit Reichswehr-Befehlston jedermann auf Deutsch zur manuellen Prüfung treiben, der die Bordkarte falsch herum auf den Scanner gelegt und damit einen Alarmton ausgelöst hat?
Ängstlich zusammengetriebene Asiaten fragen sich, was das deutsche Gebrüll zorniger Damen denn bedeuten soll. Ein Tipp eines demütigen Auslandsdeutschen: Man stelle zwei freundliche, englisch sprechende Student(inn)en vor die Scanner und helfe den Passagieren, Fehler zu vermeiden. Dies wäre jedenfalls kundenfreundlicher und effizienter, aber natürlich leider auch billiger und würde schon deshalb die Gewerkschaftler zu Warnstreiks zwingen.
Im Rail & Fly Terminal findet die Service-Wüste FAG ihren traurigen Höhepunkt. Etwa 20 Airlines haben nämlich dort gemeinsam und direkt neben der Lufthansa einen „Check-in-Service“ eingerichtet, damit ihre per Bahn anreisenden Passagiere nicht mit schweren Koffern zu den Terminals hetzen müssen. Als Dienstleister sind (eigentlich) FAG-Mitarbeiter vorgesehen. Allerdings weiß die FAG sich auch hier zu helfen, um jede Art von Komfort der Reisenden mit Nachdruck zu verhindern. Man lässt diese Schalter einfach „wegen Personalmangel“ unbesetzt!
Dann ermuntert man offenkundig die befreundete Lufthansa-Mannschaft an deren Schaltern nebenan, die auf diese Weise unabgefertigten Passagiere auch noch zum falschen Terminal zu schicken. Wenn diese sich dann nichtsahnend und mit schwerem Gepäck auf den Weg machen, müssen sie erst einmal Münzgeld für Gepäckwagen organisieren. Zugleich sperrt man die Aufzüge mit einem Schild „außer Betrieb“ und die Rolltreppen mit einem dem Schild „Wartungsarbeiten“.
Die Organisatoren der FAG müssen sich über diese gelungene Hindernisbahn den Bauch vor Lachen halten. Ich hingegen habe mit diesem Wissen schon manche Wette gegen Mitreisende gewonnen, die meine Prognose nicht glauben wollten, dass mindestens ein Drittel der Rolltreppen und Aufzüge auf der Schnitzeljagd durch den Airport Frankfurt defekt ist.
Amüsiert beobachten dann FAG-Bedienstete, wie erschöpfte Reisende taumelnd ihre beiden 30 kg-Koffer bergauf-bergab zu dem tollen Busservice zum Terminal 2 oder aber auf den Weg zur großartig „Sky-Train“ genannten Bimmelbahn schleppen, die die Terminals verbindet und eher einem Kinderzug auf einem Weihnachtsmarkt als vielmehr einem internationalen Flughafen gerecht wird.
Besonderen Spaß müssen die Dienstleistungsverweigerer der FAG auch bei der Beobachtung Tausender ausländischer Gäste haben, die bei der Abreise in Tokyo, Dallas oder Dubai vergessen haben, sich deutsches Kleingeld für die Gepäckwagenautomaten zu besorgen. Sie stehen dann fassungslos vor Schlangen von Gepäckwagen, die mechanisch blockiert sind, wenn man nicht vorher in einen Automaten deutsches Münzgeld Geld geworfen hat. Vorrichtungen zum Erhalt von Münzgeld hat man sicherheitshalber auch weggelassen.
Positiv anzumerken ist, dass man sich um Kundenbindung dann bemüht, wenn derart malträtierte Menschen Frankfurt verlassen wollen. Man versucht sie nun zu halten. Am einfachsten geht dies dadurch, dass man ihnen nicht sagt, wie sie ihre Airline finden! Also verzichtet man konsequenterweise darauf (wie dies bei allen nennenswerten Flughäfen der Welt der Fall ist), per Auto anreisende Fahrgäste durch klare Beschilderung darüber zu informieren, in welchem der Terminals A bis E, die 8 Fahrtminuten auseinander liegen, ihre Fluglinie zu finden ist.
Auf eine Frage habe ich nach alledem keine Antwort: Warum in Gottes Namen möchte sich eine Organisation wie die FAG noch mit neuen Terminals und Startbahnen belasten, wo sie anderseits alles tut, die lästigen Kunden zu den Flughäfen München oder Berlin (oh, Mist, den gibt’s ja noch gar nicht) zu vertreiben?