Investieren in Asien – Machbarkeitsstudie

„Gute Vorbereitung ist besser als schnelles Handeln“. Dieser Grundsatz gilt ganz besonders für Direktinvestitionen im Ausland (FDI). Jeder Fehler bei der Vorbereitung kostet hier Geld. Oft sind es kleine, vermeidbare Fehlentscheidungen, die über lange Jahre die Ziele der Investition und damit auch den finanziellen Return verhindern oder zumindest mindern. Drei Punkte sind es, die über Erfolg und Misserfolg entscheiden:

  • Die Untersuchung der rechtlichen und technischen Machbarkeit des geplanten Projekts;
  • die Suche nach dem richtigen Standort;
  • die Prüfung der internen Voraussetzungen für die Durchführung des Projekts und dessen Organisation

ASEAN INTERN gibt in dieser dreiteiligen Artikelreihe praxisorientierte Hinweise zu diesen Voraussetzungen für eine professionelle Investitions-vorbereitung.

Die Untersuchung der Machbarkeit

Wichtige rechtliche Voraussetzungen oder technische Bedingungen mögen an dem einen Standort gegeben sein, an einem anderen hingegen nur eingeschränkt oder gar nicht. Beide müssen aber sichergestellt werden, ehe überhaupt eine Investitionsentscheidung getroffen wird.

Die Kriterien einer Machbarkeitsuntersuchung sind nur sehr bedingt zu standardisieren. Sie sind in hohem Maße abhängig von der Motivation, Zielen und technischen Anforderungen an die Investition.

Motiv und Ziel der Investition bestimmen das Vorgehen

So ist es etwas ganz anderes, ob ein Unternehmen im Ausland produzieren möchte, um Komponenten oder ganze Produkte nur günstig herzustellen und dann zu reimportieren, oder ob das Unternehmen die Nähe zu seinen Kunden in fernen Märkten auch durch Nähe der Produktion sucht.

Im ersten Fall muss man sich nicht weiter um Freihandelsabkommen oder rechtliche Voraussetzungen für den Warenhandel kümmern. Wichtig sind dann eventuell nur, die Produktionskosten und die Einfuhrzölle aus diesem Land in Europa. Will man Kunden in einer ganzen Region vom neuen Standort aus beliefern, sind das Flechtwerk möglicher Handelsabkommen eines Ziellandes, die Regeln des Local Content und nicht tarifäre Behinderungen im Warenverkehr von substantieller Bedeutung für den Erfolg.

Der lokale Markt wird dann zum wichtigen Kriterium der Machbarkeit wenn der Inlandsumsatz am neuen Standort von kritischer Bedeutung ist. Dann gehören Marktmechanismen, das Marktpotential, bestehende Wettbewerber und die Verfügbarkeit von strategischen Vertriebspartnern bereits zum wesentlichen Inhalt der Machbarkeitsstudie. Damit sind wir bereits bei der ersten Empfehlung für die Vorbereitung einer Auslandsinvestitionen:

Hinweis 1

Empfehlung 1: Motivation und Ziel der Investition müssen genau definiert und dokumentiert werden. Sie bestimmen den Inhalt des weiteren Vorgehens.

Das klingt banal, ist es aber nicht. Es macht nämlich auch weiter einen großen Unterschied, ob zum Beispiel:

  • Schlüsselkunden verlangen, dass man in Ihrer Nähe produziert, oder ob man den Standort unabhängig von Kunden optimal auswählen kann;
  • produzierte Komponenten vom neuen Standort zurück in Stammwerk exportiert werden sollen, wodurch andere Anforderungen an Logistik und Warenverkehr gestellt werden;
  • vom Standort des neuen Produktionswerkes auch vertriebliche Aktivitäten oder sogar lokale Produktentwicklung erwartet werden, was besondere Fragen des Zoll- und Handelsrechts und der verfügbaren Personalressourcen aufwirft;
  • Synergien oder Kooperationen mit lokalen Partnern angestrebt werden, was besondere Herausforderungen an den Schutz des geistigen Eigentums und die Auswahl geeigneter Partner stellt;
  • eine 100-prozentige Tochter oder auch ein Joint-Venturegegründet werden sollen. Ersteres ist nicht in allen Ländern und in allen Branchen zulässig.

Man erkennt an diesen wenigen Beispielen, die sich beliebig fortsetzen ließen, dass eine genaue Definition der Motive und Ziele der Investition maßgeblich die Kriterien einer Machbarkeitsstudie und später auch die Standortauswahl beeinflussen.

Einstufige oder mehrstufige Machbarkeitsstudie

Wenn Motiv und Ziel gegeben sind, gilt es, die Kriterien der Machbarkeitsstudie so konkret wie möglich zu definieren. Man kann viel Geld „hinauswerfen“ für allgemein gehaltene Machbarkeitsstudien, ohne letztlich Nutzen aus ihnen ziehen zu können. Gerne bieten gerade Berater und Institutionen solche Studien an, die sich auf wirtschaftliche Daten, allgemeine Rechtsvorschriften und Zulassungsvorschriften beziehen, ohne Antwort auf die Fragen der konkreten Unternehmenssituation zu geben. Es gilt deshalb meine

Hinweis 2

Empfehlung 2: Die Machbarkeitsstudie soll beschränkt sein auf wenige Kriterien mit entscheidendem Einfluss auf die Erfolgschancen des Projekts


Der Autor Dr. Gunter Denk war selbst 25 Jahre verantwortlicher Unternehmer und führte einen deutschen Markenartikler mit mehreren Produktionsstandorten in Europa und Asien. Im Jahr 2000 übernahm er nach einer Fusion Vorstandsverantwortung für ein börsennotiertes Unternehmen in China. 2004 gründete er die SANET ASEAN ADVISORS, eine Gruppe von Industrieberatungen an 5 Standorten Südostasiens. Die Gruppe begleitete und begleitet unter seiner Führung zahlreiche Direktinvestitionen und Markteintrittsprojekte in China und Südostasien.

Bevor wir uns einigen typischen Kriterien zuwenden, möchte ich auf eine häufige auftretende Situation eingehen. Oft ist nämlich das Investitionsland nicht vordefiniert. Dem Unternehmer stehen mehrere mögliche Investitionsländer zur Auswahl.

In solchen Fällen empfiehlt es sich nicht, umfassende Machbarkeitsstudien für alle möglichen Zielländer durchführen zu lassen. Der zeitliche und finanzielle Aufwand wäre unangemessen.

Es empfiehlt sich vielmehr eine zwei- oder mehrstufige Prüfung der Machbarkeit.

Für die erste Vorauswahl der Länder würde ich dann auf eine umfassende Studie verzichten. In dieser Phase reicht es nach meiner Erfahrung aus, sich ein bis zwei Tage mit einem Experten zusammenzusetzen und einige Basisdaten und Gegebenheiten der potenziellen Investitionsländer zu vergleichen. Hierzu gehören zum Beispiel:

  • Schutz des geistigen Eigentums
  • Rechtliche Zulässigkeit der geplanten Aktivität (Produktion)
  • Verlässlichkeit des Rechtssystems
  • Die politischen Rahmenbedingungen
  • Erfüllung und Erwartungen möglicher Schlüsselkunden an Lead-Zeiten, Zölle und Kosten
  • Investitionsschutzabkommen
  • Investitionsförderung
  • Zugehörigkeit zu Freihandelsabkommen
  • Import-und Exportbeschränkungen
  • Das Recht, 100-prozentige Töchter des Unternehmens zu gründen
  • Land Eigentum zu erwerben
  • Marktgröße

In aller Regel kristallisieren sich in einem solchen Workshop sehr schnell zwei oder drei überlegene Optionen heraus, andere werden als kaum aussichtsreich verworfen. Im Ergebnis führt dies zu

Hinweis 3

Empfehlung 3: Bei noch offener Festlegung für ein bestimmtes Investitionsland empfiehlt sich eine mehrstufige Prüfung der Machbarkeit.

Dies spart Geld und Zeit.

Die zweite Stufe besteht dann aus einer vergleichenden Machbarkeitsstudie der in die enge Auswahl genommenen Länder. Hierfür bieten sich zwei Optionen an, die sich einerseits in der Objektivität der Auswahl, andererseits leider auch in den damit verbundenen Kosten unterscheiden.

  • Option 1: Man beauftragt ein Beratungsunternehmen, die vergleichende Studie zu erstellen. Dies ist in der Regel kostengünstiger. Vorsicht ist allerdings angebracht, wenn das Beratungsunternehmen an nur einem der in Betracht kommenden Standorte angesiedelt ist und sich auch Hoffnung auf eine spätere Begleitung des Projekts macht. Das Ergebnis könnte dann im Zweifel schon deshalb zugunsten eines Landes ausfallen, weil das Beratungsunternehmen bei Überlegenheit eines anderen Landes befürchtet, für die Verfolgung des Projekts nicht mehr in Betracht zu kommen. Das Ergebnis droht also durch sachfremde Erwägungen beeinflusst zu werden.
  • Option 2: Man beauftragt in jedem der in Betracht kommenden Länder ein Beratungsunternehmen, die exakt vorgegebenen Beurteilungskriterien zu untersuchen und wertet anschließend die Ergebnisse für eine abschließende Entscheidung aus.Die SANET ASEAN ADVISORS bieten hier einen möglicherweise guten Kompromiss zwischen beiden Lösungen. Durch ihre Vertretung in den meisten Ländern Südostasiens werden unterschiedliche Büros intern beauftragt, unabhängig voneinander die genannten Kriterien für jedes Land zu erheben. Anschließend werden die einzelnen, unabhängig voneinander erstellten Studien in einer kurzen Vergleichsstudie bewertet und als Vorschlag an den Investor gegeben. Die interne Zusammenarbeit der Büros mit unterschiedlichen regionalen Interessen garantiert auch hier ein „ergebnisoffenes“ Vorgehen und eine insgesamt objektive Beurteilung.

Sowohl für die einstufige als auch für die mehrstufige Studie gilt, dass die sorgfältige Auswahl der zu erhebenden Kriterien wesentlicher Faktor des Risikomanagements ist. Typische Kriterien für die (auch vergleichende) Machbarkeitsstudie, sind neben den oben bereits aufgeführten:

  • „Cost of doing Business“, also Kosten für Land, Mieten, Löhne, Lebensunterhalt, Transport
  • Verfügbarkeit von Tiefseehäfen, Flughäfen, Eisenbahnen u.a. möglicherweise wichtigen Einrichtungen für die geplante Investition
  • Genauer Umfang staatlicher Investitionsförderung (Höhe und Dauer der Steuerbefreiung, Befreiung von Einfuhrzöllen, Recht auf Landeigentum, Sonderabschreibungen für Infrastrukturaufwendungen oder Mitarbeiterausbildung)
  • Verlässlichkeit des Antragsverfahrens
  • Grundzüge des Steuerrechts, Repatriierung von Gewinnen
  • Verfügbarkeit und Kosten von Arbeitskräften
  • Verfügbarkeit von (oftmals geförderten) Industrieparks
  • Verfügbarkeit qualifizierter Zulieferanten
  • Bedingungen für Freihandel (Voraussetzungen und Verfahren für den Local Content)
  • Infrastruktur für entsandte Mitarbeiter (Wohnungsmarkt, Krankenhäuser, soziales Umfeld etc.)
  • Baukosten (übliche Ausschreibungsverfahren, Erfahrungswerte für Quadratmeter-Kosten für Fabrik- und Lagerhallen)
  • Zollregeln (Klassifizierungsverfahren, Abwicklungsdauer, Besonderheiten)
  • Zölle für aus Deutschland beizustellende Komponenten
  • Risiken aus und Umgang mit Korruption

Diese Liste ist weder abschließend, noch sind alle Kriterien immer relevant. Wie bereits erwähnt, sind die Kriterien einer Machbarkeitsstudie in hohem Maße abhängig von den individuellen Zielen und Motiven. Diese sind von Unternehmen zu Unternehmen und von Projekt zu Projekt unterschiedlich.

Nicht alle relevanten Kriterien sind im Übrigen dem Investor immer aus seiner allgemeinen Geschäftstätigkeit bekannt. Jede Region der Welt, ganz besonders aber Südostasien und Ostasien mit ihren unterschiedlichen politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Systemen, weist Risiken auf, die sich dem „Westler“ leider manchmal erst im Zuge der operativen Tätigkeit seines Unternehmens (und dann als schmerzvolle Behinderung) erschließen. Ich gebe daher die

Hinweis 4

Empfehlung 4: Beim Erstellen der Liste investitionsrelevanter Kriterien und bei ihrer Bewertung sollen lokal erfahrene Industrieberater beigezogen werden, die mit den besonderen Risiken der untersuchten Länder oder Regionen vertraut sind.

Dabei empfehle ich dies bewusst auch für die Evaluierung der Kriterien. Wer zum Beispiel nicht weiß, dass in Vietnam zwar 14 Jahre Steuerbefreiung für Investoren möglich sind und auch bestätigt werden, dass aber die amtliche Bestätigung nur „die jeweils gültige Höchstförderung“ garantiert, der wird das Risiko nicht erkennen, dass spätere Gesetzesänderungen auch die so zugesagte Förderung verändern können. Wer also nur die nackten Fakten erhebt, wird leicht Risiken übersehen, die der ortskundige Berater aus eigenem Erleben in die Bewertung einbeziehen kann.

Natürlich fragt ein Unternehmer auch nach den Kosten einer solchen Untersuchung. Die Frage ist ebenso verständlich wie schwer zu beantworten. Sicher aber ist die

Hinweis 5 

Empfehlung 5: Das finanzielle Engagement und Risiko sollte nur in dem Maße erhöht werden, wie auch das Wissen über die konkreten Chancen und Risiken der Investition in einem ganz bestimmten Land wächst. Die Machbarkeitsstudie erhöht dieses Wissen signifikant.

Mit anderen Worten, ich halte nichts davon wenn Unternehmer einmal die Entscheidung treffen, „Geld in die Hand zu nehmen“ und zu investieren, ohne sehr genau zu wissen, wo und auf was sie sich wo einlassen. Ich musste einmal hören, wie ein Management aus voller Überzeugung erklärte, man nehme nie externe Unterstützung und Erfahrung in Anspruch, weil man alle Fehler selbst machen und aus ihnen lernen möchte. Für den, der sich dies leisten kann und möchte, mag dies in Ordnung sein.

Ich bevorzuge die oben genannte Empfehlung 5 und bin auch als Unternehmer immer gut damit gefahren, lieber zunächst Geld für Wissen auszugeben. Und sei es, dass am Ende dieses Wissen bedeutet, die Investition als zu risikobehaftet oder gar chancenlos zu unterlassen.

Aber konkret und als Anhaltspunkt für die Kosten:

  • Der Aufwand für einen Workshop mit verbindlicher Definition der Ziele und Motive, Auswahl einer „Shortlist“ der in Betracht genommenen Zielländer und Definition der Kriterien für die Studie sollte 5.000 EUR nicht übersteigen.
  • Je nach Umfang und Intensität der zu erhebenden Daten wird die Machbarkeitsstudie mit etwa dem oben beschriebenen Inhalt ca. 25.000-30.000 € kosten. Bei einer vergleichenden Studie sollte man etwa mit 60 % dieses Betrages für jedes weitere Land einschließlich der vergleichenden Bewertung rechnen. Werden zwei unterschiedliche Unternehmen beauftragt, werden diese allerdings den genannten Grundpreis jeweils für ein untersuchtes Land berechnen.

Erwarten darf man dafür einen eingehenden Bericht mit unternehmensspezifischen Aussagen, also nicht lediglich eine „theoretische“ Untersuchung, die für jedes Unternehmen gelten könnte. Zum Beispiel die Fördervoraussetzungen, der Arbeitsmarkt, die Zölle und die Lieferanten müssen auf die speziellen Unternehmensfragen abgestimmt sein.

Hüten sollte man sich vor Machbarkeitsstudien, die am Ende überwiegend allgemeine Regeln, Wirtschaftsdaten und Rechtsvorschriften enthalten. Oftmals werden solche Studien, die größtenteils aus vorformulierten „Berichtsmodulen“ bestehen, schon zur Hälfte des oben genannten Kostenrahmens angeboten. Alle gelieferten Daten mögen am Ende zwar richtig sein, helfen dem Investor aber praktisch nicht weiter.