Auslandsinvestition: Mit wem würden Sie in den Dschungel gehen?

Die Suche nach dem richtigen Berater

Viele Unternehmen stehen vor der Frage, wo sie vertrauenswürdige und bezahlbare Unterstützung für eine geplante Auslandsinvestition bekommen. Dabei darf man zu Recht die folgenden Erwartungen an eine Beratung und Begleitung stellen. Die Beratung muss:

  • betriebswirtschaftliches Verständnis für das Investitionsvorhaben mitbringen
  • strategische Ansätze einer Unternehmensentwicklung verstehen und mit entwickeln können;
  • sowohl die Geschäftskultur und das Denken des Investors, als auch des Ziellandes der Investition verstehen;
  • die rechtlichen Möglichkeiten einer Firmengründung und ihrer Strukturierung im Detail kennen
  • gute Verbindung zu den örtlichen Behörden mitbringen, so auch in Hinblick auf Fördermaßnahmen;
  • möglichst Erfahrungen in der Branche des Investors und im lokalen Markt haben;
  • „kultureller Botschafter“ sein, mit Verhandlungsgeschick zwischen dem Investor und den Partnern im Investitionsland, zum Beispiel Bauunternehmen, Landentwicklern und Anlagenherstellern;
  • das persönliche Vertrauen des Investors in das Beratungsteam gewinnen können.

Schon aus dieser Aufzählung ergibt es sich, dass die Suche und Auswahl der Begleitung ein schwieriges Stück Arbeit ist. Eines steht dabei erkennbar fest: Der Einzelgänger, der sich als Pensionär, langjähriger Expat im Lande oder als Kenner einer bestimmten Branche anbietet, kann die Vielfalt der Eigenschaften einer guten Beratung nicht bieten. Auch ist es nicht unbedingt ideal, sich die genannten Kompetenzen „zusammenzukaufen“, also gleich mit einer Vielzahl von Beratern zu arbeiten. Im besten Fall kommt dies teuer und führt zu Überschneidungen, widersprüchlichen Ratschlägen und Koordinationsproblemen. „A Recipe for Desaster“, nennen dies die Engländer.

Es bedarf also eines Teams mit unterschiedlichen Kompetenzen und etablierten Strukturen, um all diesen Anforderungen gerecht zu werden. Solche Teams findet man in unterschiedlichen Strukturen.

Die Außenhandelskammern (AHKs)

Es liegt nahe, sich zunächst einmal an die Vertretung der deutschen Wirtschaft zu wenden. Viele wählen auch diesen Weg. Andere vermeiden ihn schon deshalb, weil sie mit den oft ungeliebten eigenen IHKs nicht die beste Beratungserfahrung gemacht haben. Allerdings gilt für IHKs, AHKs und alle Unternehmen der Grundsatz, dass eine Organisation immer so gut ist, wie ihr Chef sie organisiert. Von daher gibt es auch unter den AHKs „gute“ und „weniger gute“. Geeignet für bestimmte Grundinformationen sind die AHK allemal. Sie können über das Land und seine Behördenwege informieren, Listen mit geeigneten Anwälten und Beratern aus dem eigenen Kulturkreis bereitstellen und den einen oder anderen Tipp über das Vorgehen geben. Vorsicht ist angebracht, wenn sie selbst die Ausführung von Beratungsleistung anbieten. Diese Vorsicht stellt keine Missachtung der Kammern dar, sondern ist schlicht ein Ausdruck des Respekts vor ihren eigentlichen Aufgaben.

AHKs sind nämlich zunächst einmal Vertreter der Deutschen Wirtschaft im Ausland. Sie leisten Lobbyarbeit im allerbesten Sinn. Sie werben für ihr Land und seine Industrie. Dazu braucht es gute Lobbyisten in der Führung. Und diese findet man ganz sicher auch in den AHKs. Lobbyisten aber sind keine Unternehmer. Ihre „Denke“ ist und muss eine ganze andere sein. Und für diese Lobbyaufgabe bezahlt sie die Bundesrepublik Deutschland. Die zweite Funktion der AHK ist es, eine Basis für die örtlichen Unternehmen aus dem Heimatland darzustellen. Man informiert über neue rechtliche Entwicklungen, unterstützt Netzwerkveranstaltungen und macht Verbandsarbeit im besten Sinne. Hierfür braucht es Verbandsmanager, und davon findet man einige gute in den AHKs. Bezahlt wird diese Verbandsarbeit durch die Mitglieder. Aber auch Verbandsgeschäftsführer, das kennt man von zuhause, sind Organisatoren, keine Unternehmer.

Weil aber die Gelder aus Berlin nicht im Übermaß fließen und auch die Mitglieder nicht gerade Reichtümer überweisen, müssen AHK seit einiger Zeit auch Einnahmen aus „Unternehmensberatung“ generieren. Aber wer soll beraten? Da die Abteilungsleiter zumeist aus den großen Reservoir an Lobbyisten und Verbandsmanagern der zweiten Reihe rekrutiert werden, fehlt es zwangsläufig an unternehmerischer Erfahrung und auch an entsprechendem Denken. Hilfsweise behält man dann auch gerne einmal pfiffige Praktikanten, die dann als Jung-Betriebswirte das Beratungsgeschäft übernehmen. Eine tolle Sache, wenn solche jungen Leute zunächst einmal in der Unternehmenspraxis ihre Erfahrung sammeln. Aber woher diese Erfahrung in einer Kammer nehmen? Oder welcher Top-Jungmanager aus einem Unternehmen will danach zu einer Kammer?

Und so kommt es dann, dass Unternehmen häufig überaus enttäuscht mit der Unternehmensberatung der Kammern in praktischen Situationen sind. Wenn man Glück hat, erhält man ehrlichen Rat über die richtigen Ansprechpartner als Anwälte oder Berater im Land. Wenn man Pech hat, bekommt man die Adresse eines Beraters oder Anwalts, der sich eben wegen dieser „Akquise-gelegenheit“ Jahr für Jahr durch sammeln von Mitgliedervollmachten selbst in einen Kammervorstand wählte. Deshalb bleibt die Kammer in der Regel ein guter Ansprechpartner, wenn man keine praktische Unternehmensberatung sucht und die personellen Vorschläge erst mal mit gesunder Skepsis darauf prüft, ob man nicht direkt an ein Mitglied der Kammergremien vermittelt wurde.

Rechtsanwaltskanzleien

Eine Firmengründung ist mit jeder Auslandsinvestition verbunden. Und hier sollte der Investor auch nicht sparen. Ohne einen landeskundigen Rechtsanwalt läuft man schnell Gefahr, sich in zweifelhafte Unternehmensformen, Joint Ventures oder Holding zu verstricken. Hinzu kommt, dass die meisten Kanzleien auch mit Investitionsförderung und deren Antragsverfahren gut vertraut sind. Schließlich braucht man anwaltliche Unterstützung auch bei Kaufverträgen über Grundstücke und die wichtigsten Anstellungsverträge.

Niemals sollte man sich auf den anwaltlichen Rat möglicher Partner im Ausland oder gar auf Verträge in einer Sprache verlassen, die man nicht kennt. Wenn zum Beispiel der Joint Venture Partner anbietet, sein lokaler Anwalt sei „billiger“ und könne alles vorbereiten, dann sollten alle Alarmglocken klingen. Ähnliches gilt allerdings auch, wenn die Anwälte dann Honorare auf Gebieten „wildern“, in denen sie sich nicht auskennen. Anwälte stehen in ihren Kanzleigemeinschaften oft unter hohem Druck, Honorare „einzufahren“. Dann bieten sie plötzlich die Vermittlung von Bauunternehmern, die Suche geeigneten Baulands oder gar die Personalsuche an.

Der Investor darf sich sicher sein, dass es sich dabei nicht um saubere Standortbewertungen, strukturierte Bauausschreibungen oder bewährte Prozesse der Personalauswahl geht. Im besten Fall vermittelt der Anwalt in diesem Fall „Freundschaftsdienste auf Gegenseitigkeit“ mit guten Mandanten, im schlimmsten Fall steht auch noch eine konkrete Ertragserwartung hinter der Vermittlung. Auch Anwälte haben sehr selten eine industriell-unternehmerische Erfahrung. Und wenn, dann werden sie eher Unternehmer mit Rechtserfahrung als Rechtsanwälte mit Unternehmenserfahrung. Solange also „der Schuster bei seinem Leisten“ bleibt, sind Anwaltskanzleien durchaus geeignete Ansprechpartner. Der Investor sollte aber das „Heft in der Hand“ behalten. Er sucht und bewertet den richtigen Standort, der Anwalt prüft die Kaufverträge. Er sucht und bewertet die richtigen Mitarbeiter und Bauunternehmer, der Anwalt entwirft die Bau- und Arbeitsverträge.

Foreign Investment

Die „Big 4“ Wirtschaftsprüfer im Beratungsgeschäft und ihre Brüder

Von der Strategie über die Rechtsberatung, von der Machbarkeitsstudie bis zur Steuerberatung. Die „Big Four“ um PwC, KPMG, EY und Deloitte, bieten natürlich alles, was das Investorenherz begehrt. Das heißt, soweit es diese Dienstleistung auch bezahlen kann und will. Natürlich sind diese internationalen Dienstleister, zu den sich auch ähnlich strukturierte Beratungsunternehmen wie die Boston Consulting Group oder ähnlich strukturierte Wirtschaftskanzleien in vielen Dienstleistungen erfahren. Sie verfügen für alle Leistungen über zahlreiche Experten und ebenso zahlreiche Praktikanten, die es verstehen, die Beratungsleistung auch visuell gut zu verkaufen. Für Großunternehmen gibt es fast keine Alternative zu dieser Beraterwahl. Welcher Projektverantwortliche riskiert schon seinen Kopf, in dem er bei einem gescheiterten Projekt einräumen muss, nicht die ganz Großen und Teuren befragt zu haben? Geht das Projekt schief und war einer der „Big Four“ der Berater, kann der Projektleiter mit der Schulter zuckend darauf verweisen, sich auf die Besten der Besten verlassen zu haben.

Wie die Beratung in der Praxis aussah, bleibe dahingestellt. Auch dort wird nur mit Wasser gekocht und nicht immer brodelt dies sehr heiß.

Unternehmensberater

„Unternehmensberater sind wie Männer, die das ganze Kamasutra auswendig können, aber noch nie eine Frau kennengelernt haben!“ Solche und ähnliche Wertschätzung sind jedem Unternehmensberater bekannt. Das schlimme daran ist, dass sie häufig zutreffen und doch manchmal sehr ungerecht sind. Denn seriöse Beratungsunternehmen oder „Advisors“ leben häufig von wenigen Managern, die das Unternehmen prägen und kaum einmal wechseln. Sie bündeln wissen aus verschiedenen Sparten und fügen diese zu Projektteams zusammen. Wie eingangs kann ein „Einzelkämpfer“ dies kaum schaffen. Zumindest ist das Risiko hoch, hier durch fehlende Teilkompetenzen auf den falschen Weg geführt zu werden.

Für die Auswahl des Beraters sollte man eine Reihe von wichtigen Indikatoren beachten:

  • Das Unternehmen muss eine Struktur haben. Der Ein-Mann-Betrieb mit zwei Mitarbeitern überfordert auch einen gutwilligen und erfahrenen Berater. Die Struktur muss sehr gut ausgebildete, am besten lokale Mitarbeiter mit unterschiedlichem kaufmännischen und technischem Hintergrund darstellen.
  • Das Management sollte eine eigene Unternehmenserfahrung und eine möglichst hohe berufliche Qualifikation mitbringen. Das eine ohne das andere geht nicht. Der Akademiker ohne praktische Erfahrung wird einen Unternehmer nicht verstehen. Der Praktiker ohne den Ausbildungshintergrund hat zumeist Probleme, unbekannte Herausforderungen abstrakt zu erfassen und strategisch zu lösen.
  • Das Unternehmen sollte interkulturell geführt sein. Gerade bei Auslandsinvestitionen kommt es auf die Umsetzung der Ziele im Investitionsland an. Dazu braucht es „Landsleute“ die mit „Landsleuten“ verhandeln.
  • Lassen Sie sich Referenzen nennen, und zwar Referenzen von Auftraggebern, die das Beratungsunternehmen mit vergleichbaren Aufgaben betreut hat. Zu einer Auslandinvestition gehört die saubere Vorbereitung durch eine umfassende rechtliche und wirtschaftliche Prüfung der Machbarkeit des Vorhabens, eventuell sogar eine vergleichende Studie und eine professionelle Standortauswahl. Eine kompetente Beratung unterstütz auch bei der Lokalisierung der Beschaffung oder bei der Bauausschreibung.
  • Die notwendigen juristisch-strategischen Kenntnisse für Firmengründung, Investitionsförderung, Zoll- und Zulassungsfragen sollten im Haus oder mindestens im engen Netzwerk der Beratungsgesellschaft vorhanden sein.
  • Testen Sie den Berater durch schrittweises Vorgehen. Laden Sie ihn zu einem intensiven Projektgespräch ein. Bezahlen Sie diese Zeit um herauszufinden, ob er etwas von den anstehenden Aufgaben versteht. Prüfen Sie sein betriebswirtschaftliches Denken. Stellen Sie dann eine erste Aufgabe. Wenn diese bestens erfüllt ist, sollten Sie auf diese Karte setzen.

Am wichtigsten aber: Schauen Sie, ob Sie mit Ihrem Berater in den Dschungel gehen würden! Eine Auslandsinvestition zu beschließen, heißt Neuland zu betreten und „in den Dschungel zu gehen“.

Und im Dschungel lauern Gefahren und Risiken. Wenn der Führer dann bei der ersten Schwierigkeit nur meint, Sie hätten ja selbst entschieden, diesen Weg zu gehen, dann ist er der falsche. Wenn er gar im Dschungel mit den Vorräten, das heißt dem Honorar das Weite sucht und sie zurücklässt, dann war die Wahl des Führers eine Katastrophe. Der gute Partner teilt sich mit Ihnen den Weg durch den Dschungel und übernimmt auch die Aufgabe, den Weg im Notfall gemeinsam mit Ihnen „mit der Machete“ freizuschlagen. Mit anderen Worten: Wählen Sie den Berater, den Sie nach sorgfältigem Kennenlernen vertrauen.