Fallstudie: Problembehaftetes Joint Venture in Thailand

Fallstudie Illegales Joint Venture in Thailand

 

Als Berater und „Kultureller Botschafter“ hilft Sanet einem deutschen Maschinenbauer und seinem Joint Venture in Thailand.  

Der deutsche Maschinenbauer hielt 75 % des Vertriebs- und Service Joint Venture in Thailand. Ein Thai Partner besaß 25 % der Anteile und führte die Geschäfte allein und weitgehend ohne direktes Eingreifen des deutschen Mehrheitspartners. Man kümmerte sich nur wenig um die thailändische Tochter.

Der Ertrag stimmte, aber die Verkaufszahlen waren nicht so, dass sie die thailändische Gesellschaft in den Fokus der Konzernleitung rückten. Nach der Firmengründung in Thailand kam alle Jahre einmal ein Controller für den Jahresabschluss und fuhr bald ohne große Veränderungen wieder nach Hause. Die Marktanteile, Marktpolitik und die lokale Unternehmensführung waren in der Zentrale weitgehend unbekannt.

Die Überraschung kam, als der Thai-Partner einen Nachfolger vorstellen wollten.

 

Die Herausforderung

Als es nämlich um die Nachfolge des Thai-Partners ging, entschlossen sich beide Gesellschafter endlich und erstmals, eine gemeinsame Zukunftsplanung zu entwickeln. Der Thai-Partner allerdings wollte seine Tochter als Nachfolgerin einführen und ansonsten alles weitgehend unverändert belassen. Die deutsche Muttergesellschaft hingegen wollte ihren Einfluss stärken.

Die Sanet ASEAN ADVISORS wurden von der deutschen Muttergesellschaft beauftragt, sich das Unternehmen näher anzuschauen und dann einen Businessplan und ein Nachfolgekonzept zu entwickeln.

Schon bald identifizierte Sanet zahlreiche, schwierige rechtliche und unternehmerische „Baustellen“, die zu beseitigen waren, aber klare Interessenkonflikte zwischen den Joint Venture Partnern aufdeckten:

  • Das Unternehmen arbeitete nämlich seit Gründung illegal. Man hatte weder eine Foreign Business License noch ein Foreign Business Certificate, wie es für ein Joint Venture in Thailand mit ausländischer Mehrheit für Handel und technische Dienstleistungen gesetzlich erforderlich war. Es drohten straf- und steuerrechtliche Konsequenzen.
  • Die Tochter des Thai Partners war in keiner Weise geeignet, das Unternehmen weiterzuführen. Sie war beruflich unerfahren, hatte eine eher schwache Persönlichkeit und war überhaupt nur auf Drängen des Vaters bereit, die ihr zugedachte Managementposition zu übernehmen.
  • Sanet fand aber noch mehr heraus: Der Thai Partner nutzte die Anlagen und Mitarbeiter des Joint Ventures, um „eigene Geschäfte“ mit komplementären Produkten zu machen. Da die Kosten vom Joint Venture getragen wurden, die Einnahmen aber in seine zweite Firma flossen, verdiente er gut mit dieser „Kombination“.
  • Hinzu kam, dass das Vertriebspersonal unqualifiziert und schlecht bezahlt war. Einen aktiven technischen Verkauf gab es nicht.  Die Firma lieferte lediglich von Kunden bestellte Ersatzteile mit eigenen Fahrzeugen und Mitarbeitern aus, ohne sich weiter um die Kunden oder um die Installation der Ersatzteile zu kümmern. Neue Maschinen wurden praktisch gar nicht verkauft, sondern ausschließlich durch internationale Verbindungen der Muttergesellschaft vermittelt.
  • Der Marktanteil lag bei deshalb in Thailand auch etwa bei einem Sechstel des üblichen Marktanteils in anderen Ländern.
  • Die Jahresabschlüsse und Entwicklungszahlen waren unschlüssig und widersprüchlich.

Es gab schlicht keinen Unternehmensbereich, auf dessen Funktionsfähigkeit hätte aufgebaut werden können.

 

Das Joint Venture drohte zu implodieren

Die schlechte Situation verlangte nun auch von den deutschen Mehrheitspartnern Maßnahmen.

Idealerweise hätte die Muttergesellschaft eine neue Firma in Thailand gründen und mit einem Foreign Business Certificate des BOI sodann legal, in eigener Regie und mit eigenem Management neu anfangen sollen.

Allerdings waren die Gesellschafterverträge so geschlossen, dass ein Ausstieg aus dem Joint Venture praktisch unmöglich war. Zudem wehrte sich der thailändische Partner und Alleingeschäftsführer mit „Händen und Füßen“ gegen eine einvernehmliche Lösung. Er fürchtete um sein Geld, sein Ansehen im Markt, die Zukunft seiner Tochter, die er als neue Geschäftsführerin durchsetzen wollte, um sich zurückziehen zu können.

Alles lief auf eine unschöne Konfrontation hinaus.

Ein Rechtsstreit musste aber schon deshalb vermieden werden, weil in dessen Verlauf die langjährig illegale Tätigkeit herausgekommen wäre. Der Markt wäre für lange Zeit verloren gewesen, und schmerzhafte Strafen waren für alle Beteiligten zu befürchten.

Die Gesellschaft drohte zu „Implodieren“.

 

Mit der Unterschrift ist es nicht getan. Ein Joint Venture in Thailand will „gelebt“ werden und verlangt interkulturelles Verständnis.


Interkulturelle Vermittlung statt Rechtsstreit

Um die Situation zu lösen, waren sich die Berater der Sanet ASEAN ADVISORS darüber im Klaren, dass sie hier die Rolle eines „Mediators“ oder „kulturellen Botschafters“ übernehmen mussten, auch wenn dies über die direkte Aufgabenstellung hinausging.

Es galt, einen Rechtsstreit zu vermeiden, die Restrukturierung in Thailand durchzusetzen, einen ehrenhaften Ausstieg des Thai-Gesellschafters zu ermöglichen und das Unternehmen legal unter komplett deutscher Kontrolle weiterzuführen.

Zunächst galt es, auch den Thai-Gesellschafter für die risikobehaftete rechtliche Situation zu sensibilisieren und ihm zu verdeutlichen, dass Sanet auch in seinem Interesse arbeite.

Das thailändische Co-Management von Sanet war hier in besonderer Weise gefordert. Die betrieblichen Mängel, die in Verantwortung des Thai Gesellschafter entstanden waren, wurden ohne direkten Vorwurf dargelegt. Es wurde auch angesprochen, dass das sensible Thema des „Wirtschaftens in die eigene Tasche“ zwar sehr wohl bekannt war, aber nicht möglichst nicht kontrovers diskutiert werden sollte.

Die Eignung der Tochter wurde in einem offenen, gemeinsamen Gespräch zwischen ihr, Sanet und dem Vater erörtert. Dabei erkannte der Vater, ohne dass die ausgesprochen wurde, dass ihr diese Eignung wohl fehlte. Zu ihrer Ehrenrettung sollte sie ein längeres Praktikum bei einer Auslandsgesellschaft des deutschen Partners absolvieren. Der Vater zwang sie nicht weiter in die Nachfolge.

Damit war emotional und psychologisch der Boden bereitet, mit dem Thai Gesellschafter nach einer unternehmerischen Lösung zu suchen.

In Einvernehmen mit dem deutschen Auftraggeber erarbeitete Sanet nun im Wege der Szenario-Technologie zunächst ausschließlich mit dem thailändischen Partner Optionen und Maßnahmen, die das Unternehmen stärken und auf eine saubere Rechtsgrundlage stellen sollten. Zudem wurden Szenarien für seinen persönlichen Ausstieg und den Erhalt seines persönlichen Ansehens im Markt entwickelt.

So entstand ein Plan, der zunächst einmal die Unterstützung des Thai Partners fand.

 

Das „Offene Wort“ auch zum deutschen Auftraggeber

Sodann wurde auch dem deutschen Gesellschafter die objektive Situation, rechtliche und wirtschaftliche Problematik und die Interessen des Partners dargelegt. Dabei half es, dass Sanet die Analyse bereits konkreten Lösungsvorschlagen verbinden konnte.

Einig war man sich sehr schnell, dass das Unternehmen auf eine legale Basis gestellt werden musste, alle Anteile übernommen werden sollten und ein eigenes Management mit einem starken Vertriebsteam aufzubauen war.

Aus verständlichen Gründen bestand allerdings zunächst wenig Neigung, auch die Interessen des Thai Partners bei diesem Wandel zu berücksichtigen.

Der Hinweis auf die Mitverantwortung für die unglückliche Firmenstruktur, das Ansehen aller Beteiligten im Markt, auf den doch relative „lockeren Umgang“ mit der Kontrolle der Tochtergesellschaft in der Vergangenheit und auf die Risiken einer langfristigen Auseinandersetzung brachte aber dann auch die sehr rational handelnden Manager des deutschen Maschinenbauers zur Zustimmung für eines der Szenarien:

  • Die rechtliche Situation sollte durch eine neue Holding gelöst werden, auf die die zuvor rechtlich zweifelhaften Aktivitäten übertragen werden sollten; die neue Holding legalisierte diese Geschäfte eines ausländischen Mehrheitsunternehmens durch ein Foreign Business Certificate aufgrund eines Förderantrags beim Board of Investment (BOI)
  • Die beim alten Partner verbliebenen Anteile des Joint Ventures blieben auch weiterhin bei ihm. Dieses ursprüngliche Joint-Venture verlor aber seine operative Funktion. Beide Seiten erhielten eine Verkaufs- bzw. Ankaufsoption, nach Ablauf von zwei Jahren die Gesellschaftsanteile des Thai-Partners zu einem festgeschriebenen Preis zu verkaufen beziehungsweise anzukaufen.
  • Der Thai Partner erhielt eine gesichtswahrende Rolle im Beirat der Holding. Seine Tochter sollte ein langes Praktikum bei einer Tochtergesellschaft der deutschen Firma im Ausland absolvieren, um sich persönlich und beruflich zu entwickeln. Der Vater erwähnte ohne weitere Diskussion nicht mehr, dass sie danach in das Unternehmen zurückkehren sollte.

Bei dem Verkauf der Anteile wurden die unsauberen Geschäfte der Vergangenheit ausgeklammert und nach „Wahrung des Ansehens“ des früheren Partners konnte man sich über den Preis für den späteren Verkaufswert der Anteile einigen.

Sanet unterstütze nun noch den Aufbau eines qualifizierten Vertriebsteams zur Umsetzung des bereits erarbeiteten Business Konzepts. Damit war die Aufgabe von Sanet abgeschlossen.

Das Unternehmen war auf einem wirtschaftlich guten Weg, rechtlich und organisatorisch konsolidiert und die Kaufoptionen unter den Gesellschaftern konnten in einem fest vereinbarten Rahmen nach der zweijährigen Übergangsfrist ausgeübt werden.

 

Fazit: Sanet als „Kulturelle Botschafter“

Gerade bei Misserfolg oder Störungen des Verhältnisses von thai-europäischen Kooperationen reichen wirtschaftliche und rechtliche Maßnahmen nicht zielführend. Auch die Empfindungen und kulturellen Prinzipien müssen betrachtet werden und in die Entscheidung einfließen. „Verbrannte Erde“ nützt am Ende keinen Partner. Die Sanet-Gruppe bietet nicht nur deutsche Rechtsberatung, erfahrene Managementberatung, sondern nimmt häufig auch die Rolle des „Kulturellen Botschafters“ ein.

Eine wichtige Erkenntnis für ausländische Investoren ist es, das rechtliche Set-up eines Joint Ventures von vorneherein zum Beispiel von einem deutschen Rechtsanwalt in Thailand sorgfältig prüfen zu lassen und stets auch im Management zur Kontrolle der operativen Tätigkeit vertreten zu sein.